Meinungen, Aktuelles

Berlin, Berlin ……

Am 25.05.2024 sind wir zu Gast in Berlin bei der Mutter der demokratischen Teilhabe, dem Verein Mehr Demokratie e.V.. Mit seinen über 10.000 Mitgliedern und einem wissenschaftlichen Kuratorium arbeitet der parteiunabhängige Verein für eine Stärkung der Demokratie mit einem Schwerpunkt auf Teilhabe durch mehr direkte Demokratie,  z.B. durch Bürgerbegehren oder Volksabstimmungen.   Auf der Tagesordnung steht diesmal aber auch unser Konzept „doing by learning“ zur Stärkung der repräsentativen Demokratie. Vorsitzende des Vereins ist Claudine Nierth. Hier kommt unser Antrag:

Antrag an die Bundesmitgliederversammlung zum 25./26.05.2024
Antragsteller: Junge Ratsmitglieder e.V., Bad Oeynhausen

Thema des Antrags:
• Stärkung der repräsentativen Demokratie durch parteiunabhängige Nachwuchsförderung,
• mehr Gehör für nachhaltige Politik durch Bildung eines Jungen Zukunftsrats,
• Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung durch weniger Parteipolitik auf kommunaler Ebene

Einleitung:
„Das Beste, was du als Jugendlicher machen kannst: ab in die Gemeindeparlamente. Geh in den Gemeinderat, geh in den Stadtrat. Da sitzen viele ältere Menschen, die wissen, dass nach ihnen keiner kommt. Und die brauchen junge, frische Menschen, die die Dinge neu denken und angehen.“ Claudine Nierth in Hotel Matze

Abstimmungsfrage:
Der Verein unterstützt junge Menschen (U25), die sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung und zum Rotationsprinzip nach einer Wahlperiode bekennen, bei der Gründung kommunaler Wählergemeinschaften und der Vernetzung dieser Gemeinschaften zum Jungen Zukunftsrat.

Begründung:
Wir wollen mit euch herausfinden, ob es sein kann, dass

1. unsere Demokratie ein strukturelles Problem hat, weil die Zivilgesellschaft die Parteien mit der Aufgabe der politischen Nachwuchsförderung alleine lässt?

2. Parteien mit der Aufgabe der politischen Nachwuchsförderung personell überfordert sind, weil es sich bei Parteien primär um Konkurrenzgemeinschaften handelt und ihre Funktionäre meistens nicht sich selbst oder ihre Ebene meinen, wenn sie von Erneuerung sprechen?

3. es Strategie der Antidemokraten ist, Hass auf das politische Personal zu schüren, weil sie sich nicht trauen, offen die Demokratie anzugreifen und lieber darauf setzen, dass das Wahlvolk irgendwann das Kind (Demokratie) mit dem Bad (Repräsentanten) ausschütten wird?

4. wir uns mit der zunehmenden Verachtung für Berufspolitiker gerade auf dem Pfad einer Art selbst erfüllender Prophezeiung befinden an dessen Ende der Verlust der Demokratie droht?

5. sich die Wucht des gegenwärtigen Angriffs auf die Demokratie in einen starken Schwung für eine nachhaltige und strukturelle Erneuerung der Demokratie von unten nutzen lässt?

6. die beste Strategie gegen den Hass auf die Demokratie ist, den Repräsentanten Liebe zu schenken, die sich in mehr Aufmerksamkeit für die politische Elitenbildung ausdrückt?

7. durch eine Projektierung der Hoffnung auf das zukünftige politische Personal auch bei gegenwärtig enttäuschenden Repräsentanten, das Vertrauen auf eine demokratische Zukunft erhalten bleibt?

8. die politische Elite umso durchlässiger wird, je mehr Menschen in frühen Jahren auf kommunaler Ebene erfahren durften, dass sie dazu gehören können?

9. die beste Form der politischen Nachwuchsförderung ist, jungen Menschen Räume zu verschaffen, in denen sie echte politische Verantwortung übernehmen können?

10. es für den Werdegang eines Repräsentanten gut ist, wenn es vor den Mühlen der Parteipolitik eine Zeit gibt, in der politische Erfahrungen parteiunabhängig gesammelt werden können?

11. Kommunalpolitik für junge Menschen interessanter wird, wenn ihnen die Möglichkeit geboten wird, mit Gleichaltrigen auf einen vorderen Listenplatz für den Stadtrat zu kandidieren?

12. ein politisches Amt attraktiver wird, wenn man es als Bildungschance versteht?

13. ein einstelliger Wahlerfolg auf kommunaler Ebene genügt, um die politische Nachwuchsförderung zur kommunalen Aufgabe zu machen?

14. sich kein Bürgermeisterkandidat leisten kann, die jungen Ratsmitglieder nicht zu unterstützen?

15. mit der Vernetzung der jungen Ratsmitglieder zum Jungen Zukunftsrat eine demokratisch legitimierte Institution entsteht, welche einen wichtigen Beitrag zur Überwindung der Gräben zwischen Volk und Volksvertretern, zwischen Stadt und Land und zwischen Alt und Jung leisten kann?

16. eine große gesellschaftliche Sehnsucht danach besteht, dass junge Menschen nicht nur protestieren, sondern demokratische Verantwortung übernehmen?

17. die gebotene parteipolitische Unabhängigkeit des Vereins gewahrt bleibt, wenn sich die Unterstützung der jungen Kandidaten auf kommunale Mandate beschränkt?

Wir wissen natürlich, dass die meisten Vereinsmitglieder die Weiterentwicklung der Demokratie in der Stärkung der direkten Demokratie sehen. Aber „der Künstler schafft im Jetzt“, um noch einmal Claudine Nierth zu zitieren. Ist dieses nicht ein Auftrag an uns, alle gegenwärtigen Möglichkeiten, die uns die Demokratie schenkt, zu nutzen? Können wir es uns heute noch leisten, irgendeine Gelegenheit auszulassen, um die Lernfähigkeit der Demokratie unter Beweis zu stellen?

Bad Oeynhausen, den 20.03.2024 i.A. Stefan Ott

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Wir sind dankbar über jeden Kommentar.

Besonders glücklich sind wir über den ersten Kommentar auf unserer neuen Hompage von Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker, der uns am 02.08.2023 schrieb:

„Junge Ratsmitglieder: sehr gute Idee! Aber manches, was wir Alten zustandegebracht haben, soll weiter gedeihen. Mit am wichtigsten: Die Gründung der Europäischen Union, – anstelle von Jahrhunderten von Nationalstaats-Kriegen. 1957, als die EWG (Vorgängerin der EU) entstand, da war ich 18, und beschloss, mich um des Friedens willen in die Politik einzusteigen. Meistens nebenberuflich; erst 1998 im Alter von 59, kam ich in den Bundestag. Und heute, mit 84, bin ich schockiert über die Narren von der AfD, die die EU wieder kaputtmachen wollen.“

Kommentare

Eine Antwort zu „Meinungen, Aktuelles“

  1. Avatar von Stefan Ott
    Stefan Ott

    Lieber Herr Prof. Dr. Weizsäcker,

    vielen Dank für Ihren Kommentar vom 02.08.23 auf unserer Hompage (https://www.jurats.de/?page_id=444).

    Ich stimme Ihnen zu. Rechtspopulisten sind eine Gefahr für unsere Demokratie, besonders wenn sie Faschisten in ihren Reihen dulden. Solche Leute sind keine Demokraten, auch wenn sie das Gegenteil behaupten. Die schlimmsten Autokraten dieser Welt trauen sich nicht, sich als Antidemokraten zu outen.

    Stattdessen schüren die Rechtspopulisten den Hass auf die Repräsentanten der Demokratie. Ihre Strategie ist es, den Hass auf die „politische Kaste“ in der Bevölkerung so groß zu machen, bis eine Mehrheit so dumm ist, das Kind mit dem Bad auszuschütten. Das ist die Stunde der Antidemokraten in den Parlamenten. Soweit darf es nie wieder kommen.

    Die Antwort darauf ist m. E. banal: All you need is love. Wenn die Rechten unsere Politiker hassen, müssen wir sie lieben. Das heißt, ihnen Aufmerksamkeit zu schenken, uns mit der Bildung unserer politischen Elite zu beschäftigen, an einer Elite zu arbeiten, die nicht elitär, sondern durchlässig ist. Je mehr jungen Menschen aus allen Schichten wir auf kommunaler Ebene die Erfahrung ermöglichen, Teil der politischen Elite sein zu können, desto weniger elitär wird die ganze Veranstaltung und desto liebenswerter werden wir unsere Volksvertreter finden.

    Wir müssen positiv und mit Hoffnung arbeiten, ansonsten gehen wir dem Hass der Populisten auf den Leim.

    Viele Grüße aus Bad Oeynhausen

    Stefan Ott

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