Auf die Frage von Thomas Leif, abgedruckt in seinem Buch “Angepasst und ausgebrannt, Parteien in der Nachwuchsfalle (Juni 2009): Wie können sie mehr Begeisterung für politisches Engagement erzeugen, antwortete Christian Wulff, damals noch niedersächsischer Ministerpräsident:
„Es muss sicher mehr Begeisterung für Politik und Politiker einkehren, und das Ansehen der Politik muss gesteigert werden. Mehr Obamas in der deutschen Politik könnten bestimmt ein größeres Engagement von mehr Menschen nach sich ziehen. Wir brauchen ganz generell eine höhere gesellschaftliche Anerkennung von Menschen, die sich für das Allgemeinwohl, für die Gesellschaft und das Lösen wichtiger Zukunftsfragen einsetzen. Das geschieht zuhauf auf kommunaler Ebene …”
Natürlich kann auch eine Schule der Demokratie nicht den Wunsch des Bundespräsidenten a.D erfüllen und mehr Obamas produzieren. Vielleicht brauchen wir aber auch gar keine neuen Willy Brandts oder mehr Obamas, sondern stattdessen viele Boris Palmer. Beim Deutschen Sparkassentag 2019 führte Klaus von Dohnanyi in seinem Vortrag zum Thema Wertegemeinschaft Europa folgendes aus:
“Für die Zukunft der EU wird die Praxis der Subsidiarität eine entscheidende Rolle spielen. Denn die Globalisierung führt zwangsläufig dazu, dass der weltweite Wettbewerb regional immer differenzierter, dezentrale lokale Antworten immer notwendiger werden. Ein Beispiel: Die Probleme Hamburgs in den kommenden Jahren: Schifffahrt, Elbe, große Container usw. sind natürlich völlig andere als die Probleme von Wolfsburg, die wir täglich auch in den Zeitungen lesen. Und die Bürgermeister oder die lokalen Einheiten hier sind dafür zuständig, dass sie sorgen, wie das in Hamburg weitergeht und können sich nicht gleichzeitig auch in Wolfsburg kümmern. … Unsere Bundeskanzlerin kommt ja nachher und ich sage das jetzt schon. Ich glaube, dass auf längere Sicht die Bürgermeister und die regionalen Verwaltungen wichtiger werden als die Bundeskanzlerin. Ich will sagen, warum. Ich werde sagen, warum. Weil die Bundeskanzler schrittweise immer weiter von globalisierten, europäischen und anderen Dingen absorbiert werden. Aber hier vor Ort, da wird Politik gestaltet. Da gab es einen berühmten amerikanischen Vorsitzenden des Kongresses, der ist ja immer der dritte in der Rangordnung: Tip O’Neill. Und er hat diesen wundervollen Satz gesagt: All politics is local. Alle Politik ist am Ende lokal.”
Gute Verwaltungsbeamte auszubilden ist das tägliche Geschäft unserer Hochschulen. Neu und spannend wäre es, wenn die Ausbildung eines Bürgermeisters von den demokratisch legitimierten ehrenamtlichen „Beamten“ selbst organisiert würde, wenn es also eine Schule der Demokratie gäbe. Jeder, der sich dazu berufen fühlt, kann in die Politik gehen. Er braucht dafür keine Ausbildung. Aber so wie die hauptamtliche Verwaltung in der Lage ist, Verwaltungsbeamte auszubilden, so sollten die ehrenamtlichen Verwaltungsbeamten, also die Ratsmitglieder, in der Lage sein, einen Bürgermeister auszubilden. In der Bürokratie herrscht ein Wenn-Dann-Denken. Die politische Ausbildung von Bürgermeistern könnte auch das dringend benötigte Um-Zu-Denken mehr Raum in der Bürokratie verschaffen.
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